Das taktische Feuerwehrkonzept für Frankfurt am Main
Der Gesetzgeber (Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz) definiert für die Feuerwehren eine Hilfsfrist mit folgenden Qualitätsstandards:
- In 95 % der Einsätze
- muss zehn Minuten nach der Alarmierung
- jede Einsatzstelle erreicht werden, um im Anschluss wirksame Hilfe leisten zu können.
Frankfurt weist eine stetige städtebauliche Entwicklung auf. In der Vergangenheit konnte die zehnminütige Hilfsfrist in einigen Stadtteilen nicht eingehalten werden. Mit dem Taktischen Feuerwehrkonzept 2020 (Staffelkonzept) konnte dies geändert werden.
Seit der politischen Beschlussfassung im Jahr 2004 gab es eine Neuausrichtung der Einsatztaktik, die auf mehrere kleine, über das Stadtgebiet verteilte Feuerwachen statt auf einige große (früher sieben) Wachen setzt. Die dezentrale Struktur ermöglicht kürzere Anfahrtswege. Somit ist die Feuerwehr schneller vor Ort und jede bebaute Stelle des Stadtgebiets kann innerhalb von fünf Fahrminuten erreicht werden. Rechnet man für Disposition, Alarm und Ausrückzeit noch drei Minuten hinzu, sind die Kräfte acht Minuten nach Meldung des Brandes am Einsatzort.
Die größere Anzahl an Feuerwachen zog damit eine Ablösung des Löschzugkonzepts durch die Staffeltaktik nach sich. Rückte bisher bei einem Alarm ein aus mehreren Fahrzeugen samt Mannschaft bestehender Löschzug unabhängig davon aus, ob die Funktionalitäten und Gerätschaften am Einsatzort auch wirklich benötigt wurden, so besteht nunmehr die erste Einheit aus einem Hilfeleistungslöschfahrzeug mit sechs Feuerwehrleuten – der Staffel. Je nach Schadenslage wird diese Staffel durch weitere Einsatzkräfte von anderen Wachen, die sogenannten Ergänzungseinheiten, mit einer Stärke von weiteren zehn Funktionen unterstützt, die in der Regel innerhalb weiterer fünf Minuten am Einsatzort eintreffen.
Damit wird deutlich, dass trotz geringerer Stärke der zuerst eintreffenden Kräfte durch die kürzere Fahrtzeit und die gegebenenfalls nachrückenden Einheiten eine deutliche Qualitätssteigerung eintritt. Dies gilt für das gesamte Stadtgebiet.
Insgesamt gibt es nunmehr in Frankfurt zwölf Feuer- und Rettungswachen in vier regionalen Bereichen. Durch die Einsatztaktik der Staffel musste die Zahl der Stellen im Einsatzdienst nicht erhöht werden. Weiter senken einheitliche Fahrzeug- und Geräteausstattungen sowie eine Modulbauweise bei den Staffelwachen die Kosten und sorgen für mehr Wirtschaftlichkeit.
Insgesamt fallen für das Taktische Feuerwehrkonzept 2020 Gesamtinvestitionskosten von 52,1 Millionen Euro an, wovon 24,7 Millionen Euro durch Erlöse von freiwerdenden Grundstücken refinanziert wurden. Das Staffelkonzept wurde im Sommer 2004 von der Stadtverordnetenversammlung ohne Änderungen beschlossen. Folgende Wachen wurden daraufhin als Staffelwache in Betrieb genommen:
2006: Sachsenhausen (Feuer- und Rettungswache 4)
2007-2013: Enkheim (Feuer- und Rettungswache 11), Sossenheim (Feuer- und Rettungswache 30), Zeilsheim (Feuer- und Rettungswache 31), Niederrad (Feuer- und Rettungswache 41)
2013: Nied (Feuer- und Rettungswache 3)
Das Konzept beinhaltet auch eine systematisierte, verbesserte Einbindung der freiwilligen Feuerwehren in den Brandschutz der Stadt. Das Prioritätenprogramm für die Feuerwehrhäuser der freiwilligen Feuerwehren wird nach und nach umgesetzt.
Ursprünglich war geplant, die Feuerwachen in vier Realisierungsstufen bis 2015 zu errichten. Die Verzögerungen bei der Umsetzung sind überwiegend auf die Suche nach geeigneten Grundstücken für den Bau einer Feuerwache zurückzuführen. Zudem gibt es Verzögerungen bei der Aufstellung des Bebauungsplans für das Baugebiet Bonames Ost, in dem auch die neue Feuer- und Rettungswache 10 geplant ist.
Die Feuer- und Rettungswache 20 in Gateway Gardens war seit 2006 als provisorische Feuerwache in einem alten Wohngebäude der Kaserne untergebracht. Der Umzug in die neue Feuer- und Rettungswache 20 an der Kapitän-Lehmann-Straße wurde im Frühjahr 2015 realisiert.
Die Feuer- und Rettungswache 21 war lange Jahre im Nordwestzentrum untergebracht. 2016 wurde eine neue Wache auf dem Gelände zwischen Erich-Ollenhauer-Ring und Rosa-Luxemburg-Straße („Römische Töpferöfen“) errichtet. Die Inbetriebnahme erfolgte im Januar 2017.
2018 wurde das Katastrophenschutzlager hinter dem Brandschutz-, Katastrophenschutz- und Rettungsdienstzentrum (BKRZ) an der Feuerwehrstraße in Eckenheim realisiert. Das Katastrophenschutzlager beherbergt neben Einsatzmitteln und Fahrzeugen für Großschadensfälle und Katastrophen auch die Rettungshundestaffel als Sondereinheit der Branddirektion der Stadt Frankfurt am Main.
Für die Feuer- und Rettungswache 2 laufen aktuell die Planungen zur Realisierung eines Neubaus an gleicher Stelle.
Blick in die Zukunft - Feuerwehrkonzept 2040
Heute können in Frankfurt am Main manche Feuer nur gelöscht, manche Leben nur gerettet, viele Notrufe nur entgegengenommen werden durch die außerordentliche Einsatzbereitschaft der Feuerwehrleute und Rettungsdienstmitarbeiter und -mitarbeiterinnen. Ein Berg von mittlerweile einer halben Million Überstunden (wobei zusätzlich jährlich etwa 25.000 ausgezahlt werden) alleine in der Branddirektion wächst täglich. Eine Pensionierungswelle steht bevor, das schnelle Wachstum der Stadt Frankfurt am Main und gesellschaftliche Veränderungen stellen neue, große Anforderungen an Feuerwehr und Rettungsdienst. Ende 2019 wurde eine umfassende Vorlage mit dem Titel „Personalstrategische Ausrichtung des mittleren feuerwehrtechnischen Einsatzdienstes der Branddirektion bis zum Jahr 2040“ beschlossen. Auch die Stadtverordnetenversammlung hat das Konzept abgesegnet.
Mit dem 18-seitigen Konzept stellt sich die Feuerwehr Frankfurt am Main für die Zukunft auf. Es betrachtet die wahrscheinlichen Entwicklungen bis zum Jahr 2040 innerhalb der Branddirektion und der Stadt – wie Verdichtung und Neubau von Wohnvierteln, eine mögliche Einhausung der A 661, der angedachte Ausbau des ÖPNV, aber auch tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen wie die Digitalisierung vieler Lebensbereiche und das bleibende Risiko von potenziellen Großeinsatz- oder Großschadenslagen im Zusammenhang mit Extremwetter, Bombenentschärfungen oder Terroranschlägen. Um derzeitigen und künftigen Herausforderungen gerecht zu werden, sieht die Branddirektion einen zusätzlichen Bedarf von mehr als 200 Stellen in den kommenden 20 Jahren.
Das Konzept soll als strategische Zielvereinbarung Magistrat und Stadtverordnetenversammlung dabei unterstützen, zukünftige Entscheidungen in Bezug auf Feuerwehr und Rettungsdienst entsprechend zu bewerten und zu treffen. Die Rahmenbedingungen machen deutlich, dass es unumgänglich ist, zum jetzigen Zeitpunkt die strategischen Weichen zu stellen. Es ist keine Frage, dass die Frankfurter Feuerwehr so zuverlässig und schlagkräftig bleiben muss, wie sie es heute ist. Das geht aber nicht ohne die entsprechende Unterstützung und Haltung der Stadt. Dem trägt der Magistrat hiermit Rechnung.
Die Grundsatzvorlage enthält aber auch genaue Berechnungen und einige konkrete Beschlüsse für die Stadtverordnetenversammlung. Die „aktuell dringlichste und damit kurzfristig anzugehende“ Aufgabe ist etwa die Neuausrichtung der Zentralen Leitstelle der Frankfurter Feuerwehr – der größten ihrer Art in Hessen. Von hier werden pro Tag durchschnittlich mehr als 400 Einsätze koordiniert, Tendenz seit Jahren kontinuierlich steigend. Stellenzahl und Dienstplansystem werden dem nicht mehr gerecht. Eine externe Firma wurde beauftragt, den Bedarf zu analysieren und transparent darzustellen. Ebenso zeigt sich, dass der Personalfaktor, der heute und in Zukunft nötig ist, um Feuerwehr und Rettungsdienst rund um die Uhr einsatzbereit zu halten, von 5 auf 5,38 erhöht werden muss. Frankfurts Personaldezernent Stefan Majer begrüßte den Beschluss vor allem auch vor dem Hintergrund, dass in Zukunft Einsatzkräften keine immensen Mengen an Überstunden mehr abverlangt werden sollen. Wir nehmen die Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeitenden wahr und stellen gleichzeitig sicher, dass die Feuerwehr Frankfurt am Main, die eine außerordentlich gute Reputation hat, auch in einem bundesweit stärker konkurrierenden Umfeld weiter eine attraktive Arbeitgeberin bleibt.
Ausgearbeitet hat das Konzept der Direktor der Branddirektion, Karl-Heinz Frank, gemeinsam mit dem stellvertretenden Amtsleiter Thomas Jackel. Beide waren seinerzeit auch bereits am „Taktischen Feuerwehrkonzept 2020“ maßgeblich beteiligt, das für die Sicherheit Frankfurts bis heute entscheidend ist. Durch die damals personalneutrale Neuausrichtung der Einsatztaktik mit mehreren kleinen, über das Stadtgebiet verteilten Feuerwachen können Einsatzkräfte deutlich schneller vor Ort sein. Feuerwehr und Rettungsdienst sind personalintensiv, sie bestehen in erste Linie aus Menschen im Einsatz. Die Entscheidung ebnet den Weg für das personalstrategische Konzept mit Blick auf die nächsten 20 Jahre. Es hat das Ziel, die Feuerwehr und die Stadt Frankfurt in die Lage zu versetzen, auf heutige und kommende Entwicklungen und Gefahren richtig reagieren zu können. Dabei soll es aber auch Planungssicherheit für alle Beteiligten herstellen. Denn die Ausrichtung der Feuerwehr für das übernächste Jahrzehnt erfordert grundlegende strategische Weichenstellungen.